Die Sache wird eng - Barockzeit

(17. Jahrhundert)

Die frühe Barockzeit zeigt große nationale Unterschiede in der höfischen Damenmode. In den habsburgischen Ländern blieb das Korsett noch bis zur Mitte des Jahrhunderts recht starr, man verwendete aber leichteres Material zur Versteifung (vorzugsweise Fischbein) und verbesserte die Verarbeitung. Den Brüsten wurde ein wenig mehr Raum gegeben. Die Reifröcke waren nun tonnenförmig (dieser Stil stammte aus Frankreich) und hatten bis zu 5 Metern Umfang.

Selbstbildnis Rubens

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Selbstbildnis mit seiner ersten Frau (Isabella Brant), Rubens, Niederlande, um 1610. Seine Vorliebe für die typische 'Rubensfigur' scheint der Maler erst bei seiner zweiten Frau entdeckt zu haben.

 

Auch Holland nimmt eine Sonderstellung ein. Dort behaupteten sich streng geschnittene, hochge- schlossene Gewänder bis fast zum Ende des Jahrhunderts (es ging recht sittenstreng zu).

In den anderen europäischen Staaten kamen locker fallende Gewänder mit viel Spitze in Mode. Reifröcke waren nicht mehr gefragt, statt dessen wurde um die Hüften herum ausgepolstert. Frankreich wurde, geprägt durch seine starke absolutistische Monarchie mit aufwendiger Hofhaltung, das führende Land in Modefragen. Korsetts wurden nun auch zunehmend, vor allem in Frankreich, zum Einschnüren der Taille eingesetzt. Da immer noch eine gerade Frontseite angestrebt wurde, setzte man einen Holz- oder Metallstab (oder einen Dolch...) in eine senkrechte Stofftasche des Korsetts über dem Brustbein.

 

Wurde die Sache allzu unbequem (zum Beispiel nach reichlichem Speisen - im Barock sehr beliebt), konnte der Stab oder Keil heraus gezogen werden. So ein Teil nannte man im Deutschen einen „Blankscheit“, woraus französisch „Planchette“ wurde, ein Wort das inzwischen für ein unter der Korsettschließe gelegenes, breites Federstahlstück verwendet wird (Verwendung nicht bei allen Korsetts, sondern nur wenn erhöhte frontseitige Stabilität erwünscht).

  Van Dyck     

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es eine interessante Veränderung: das Schneiderhand- werk durfte nun auch von Frauen ausgeübt werden, die mit Sicherheit mehr Verständnis für die Wünsche ihrer weiblichen Kundschaft hatten - vor allem wenn es um Unterwäsche ging. Auch in diese Epoche gehört das Aufkommen von Spezialisten innerhalb der Schneiderzunft, die nur noch Schnürmieder herstellten.

 

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Marie Louise de Tassis, van Dyck, Niederlande, 1629, ein holl. Maler , aber Modell (und Mode) sind französisch.

 

 

Bälle und Maitressen - das Rokoko

(18. Jahrhundert)

 

Rokoko-Schnürmieder

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Rokoko-Schnürleib aus Seidenbrokat, Österreich ca. 1755

  

Die Bezeichnung Rokoko kommt von Rocaille, dem französischen Wort für eine geschwungene, muschelförmige Verzierung an Gebäuden. Alles wurde geschwungener und verspielter.

 

Auch die Korsetts gingen von der geraden Frontpartie ab und wurden nun dazu verwendet alle Bereiche des weiblichen Oberkörpers ins rechte Licht zu rücken. Die absolutistische Hofhaltung und Prachtentfaltung kamen zu ihrem Höhepunkt (der ihrem Ende vorausging). Rokoko-Korsetts waren meist aufwendig gearbeitete, teure Meisterwerke. Zur Versteifung wurden meist relativ dünne Fischbeinstäbchen eingesetzt, diese aber in großer Zahl (über 100).

 

 Im Rokoko wurde das Korsett, mit wertvollen Stoffen besetzt, zur Oberbekleidung. Es war mit Schulterträgern versehen und im Hüftbereich so gearbeitet, dass ein Übergang zu den wieder in Mode gekommenen Reifröcken gebildet wurde. Letztere hatten im Verlauf der Epoche unterschiedliche Formen (meist sehr ausladend) und Rekordumfänge von bis zu 7 Metern. Die geschnürte Taille wirkte darin unglaublich schmal.

Mdme. Pompadour   

Die vornehme Dame trug damals ein Korsett mit Rückenschnürung, denn sie hatte immer ihre Zofe zur Hand. Da es noch keine Korsettschließen gab (zumindest nicht im heutigen Sinn), musste jene bei jedem Ankleiden ihrer Herrin die gesamte Schnur einfädeln. Das einfache Volk behalf sich mit einfacheren Schnürmiedern, ohne Stützstäbchen und, mangels Zofe, mit Frontschnürung. Viele Volkstrachten haben ihren Ursprung in dieser Zeit.

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Mdm. Pompadour, Francois Boucher, Frankreich, 1759. Vielleicht hat der Maler bei der schlanken Taille ein wenig übertrieben, aber andererseits war die Marquise eine Maitresse - und sie war ein Profi

 

Revolution und Napoleon  - die Empirezeit (1789 - 1815)

 

Das absolutistische Königtum in Frankreich hatte den Bogen überspannt. Es kam zur Französischen Revolution und zur Ausrufung der Republik. Die französische Königsfamilie, unter ihr die bekannte Tight-lacerin Königin Marie-Antoinette, wurde auf der Guillotine enthauptet und alles was mit Adel zu tun hatte, also auch Korsetts, wurde verpönt.

Josefine

Bild 8  Josefine

 

In der darauf folgenden Zeit und auch während der Herrschaft Napoleons I setzte sich die Empire-Mode in der Damenwelt durch. Sie war gekennzeichnet durch eine direkt unter den Brüsten angesetzte „Taille“ und einem geraden Rockteil. Korsetts in der bisherigen Form wurden dazu nicht getragen. In der darauf folgenden Zeit und auch während der Herrschaft Napoleons I setzte sich die Empire-Mode in der Damenwelt durch. Sie war gekennzeichnet durch eine direkt unter den Brüsten angesetzte „Taille“ und einem geraden Rockteil. Korsetts in der bisherigen Form wurden dazu nicht getragen. Vorgänger dieser Moderichtung waren bereits um 1770 in England entstanden, wo in der Oberschicht ein lässiger, „ländlicher“ Kleidungsstil gefragt war. Dennoch waren auch in dieser Zeit die Korsettmacher nicht brotlos.

Die Empire-Mode forderte möglichst weit auseinander stehende Brüste und dieses Ideal wurde mit einer Korsett-Variante erreicht, die man als recht unbequeme Frühform des Büstenhalters bezeichnen könnte (engl. Bezeichnung: divorce corset). Auf Grund der Führungsrolle Frankreichs in Modefragen wurde der Empire-Stil auch in den anderen europäischen Ländern übernommen. Im von Napoleon unabhängigen England war der Stil allerdings etwas verspielter als im übrigen Europa und hatte nur eine sehr kurze korsettfreie Phase. Dort entstand in dieser Zeit der Dandy-Look in der Herrenmode. Sie hielt sich bis in die 40iger Jahre dieses Jahrhunderts (der Dandy nannte sich jetzt Beau) und forderte eine schlanke Taille von den Männern (damit die Schultern um so breiter wirkten), mit der Folge dass sich nun auch Männer korsettierten. Dazu wurden meist kurze Taillenkorsetts eingesetzt.